Der klassische Reisebüro-Vertrieb in Deutschland hat seine Umsatzrendite im Vergleich zur Zeit vor…
Der klassische Reisebüro-Vertrieb in Deutschland hat seine Umsatzrendite im Vergleich zur Zeit vor Corona zum Teil deutlich steigern können. Am höchsten ist sie mit 2,4 Prozent in Büros mit rund 1,5 Millionen Euro Umsatz sowie in Büros mit 2,5 bis 4,5 Millionen Euro. Ab einem Umsatz von 7,5 Millionen Euro beträgt sie im Durchschnitt zwei Prozent.
Dies war eine der zentralen Botschaften von Markus Heller, Geschäftsführer der Münchner Unternehmensberatung Dr. Fried & Partner, zum Auftakt der ersten Auflage des DRV-Events „Tag des Reisevertriebs“ in Frankfurt am Main. Es ist die Fortsetzung des traditionellen Reisebüro-Tags des DRV. Mit dem neuen Namen betone man die breite Vielfalt des Reisevertriebs in Deutschland, so DRV-Vizepräsident Andreas Heimann, Chef der Dertour Reisebüros.
Service-Entgelte: Große Büros hängen kleine ab
Wichtigster Grund für die höhere Rendite als in früheren Zeiten sind die deutlich gestiegenen Reisepreise, die sich in höheren Provisionserlösen niederschlagen. Service-Entgelte spielen dagegen weiterhin nur eine untergeordnete Rolle, obwohl sie in Büros zwischen 1,5 und 4,5 Millionen Euro Umsatz heutzutage rund 40 Prozent des Betriebsergebnisses ausmachen, wie Unternehmensberater Michael Althoff ausführte. In Büros über 4,5 Millionen Euro Umsatz liegt der Anteil sogar bei 54 Prozent.
Der Haken: Der Anteil der Service-Entgelte am Gesamterlös nach wie vor gering. In Büros bis 1,5 Millionen Euro beträgt er sechs Prozent, in Büros zwischen 1,5 und 4,5 Millionen Euro Umsatz acht Prozent. Wirklich relevant ist er in großen Büros: Ab 7,5 Millionen Euro macht der Anteil der Service-Entgelte am Gesamterlös bereits 17 Prozent aus, ab 15 Millionen Euro Umsatz 26 Prozent.
Superprovisionen sind der Analyse von Dr. Fried & Partner zufolge nur in großen Reisebüros relevant. Dort haben sie bis zu 26 Prozent Anteil am Erlös, in kleineren Büros von rund zwei Millionen Umsatz liegt der Anteil lediglich bei acht Prozent.
Verbraucherschutz für Pauschalreisen „nicht übertreiben“
DRV-Präsident Norbert Fiebig mahnte in seiner Auftaktrede einmal mehr die Politik an, Überregulierungen zu verhindern und gegen Wettbewerbsverzerrungen vorzugehen. „Reisen ist mehr als ein Luxus. Reisen ist Lebensqualität“, so Fiebig vor den knapp 140 Teilnehmern der Tagung.
Die aktuelle Gefahr sei, dass die Pauschalreise durch politische Entscheidungen zu teuer werde und der Verbraucher am Ende genau das tue, was die EU verhindern will: dass Reisende zunehmend ohne Absicherung verreisen.
Genau diese Absicherung biete der organisierte Tourismus mit seiner Pauschalreise, so Fiebig. Es dürfe nach der Novellierung der Pauschalreiserichtlinie nicht weniger Verbraucherschutz geben als zuvor. Die „Klein-Klein-Regulierung“ sei der falsche Weg, adressierte der DRV-Präsident in Richtung Brüssel. Aus Sicht der deutschen Touristikbranche müsse es im Sinne des Kunden auch künftig die Möglichkeit geben, dass Reisebüros alle Reiseprodukte verkaufen können. Der aktuelle Vorschlag mit einer 72-Stunden-Regelung beim Buchen von Bausteinen sei der falsche Weg, so Fiebig.
Diskussion um Rückvergütung, Bistro und HV-Status
Im Verlauf des weiteren Tages geht es unter anderem um die „heißen Eisen im Vertrieb“, so die Ankündigung des DRV. So soll unter anderem über Bistro Portal und die Mehrarbeit durch Flugzeitenänderungen diskutiert werden. Zudem gibt es einen Impulsvortrag des Rechtsanwalts Hans Josef Vogel von der Kanzlei Advant Beiten zum Thema „Rückvergütung und Handelsvertreterstatus“. Das Thema war zuletzt durch das stringente Vorgehen von Aida Cruises gegen Rückvergütungen sowohl innerhalb der Branche als auch juristisch hochgekocht.
Zum Thema Handelsvertreterstatus „Ja oder nein?“ hatte Hans Josef Vogel schon im März in touristik aktuell ausführlich Stellung bezogen und betont, dass er im Veranstaltergeschäft weder einen Wechsel in den Makler- noch in den Händlerstatus für realistisch halte – „allein, weil die Wettbewerbssituation bei Veranstaltern eine völlig andere ist als bei Airlines“.
Fotos vom Netztreffen des DRV-Reisevertriebs, das am gestrigen Abend auf der Dachterrasse von Radio Frankfurt stattfand, finden Sie auf der Instagram-Seite von touristik aktuell.