DRV-Wahlen: Benjamin Bindewald will DRV-Präsident werden

Den Entschluss, sich für das Amt des DRV-Präsidenten zu bewerben, fasste Benjamin Bindewald erst vor… 

Den Entschluss, sich für das Amt des DRV-Präsidenten zu bewerben, fasste Benjamin Bindewald erst vor wenigen Tagen. Der 40-jährige Reisebüro-Inhaber und Veranstalter will frischen Wind in die Branche bringen und traut sich durchaus zu, Veränderungen durchzusetzen. Seinen Fokus legt er auf die Digitalisierung. In den vergangenen Jahren sei bei diesem Thema zu viel versäumt worden. Es werde Zeit, aus dem Dornröschenschlaf aufzuwachen, sagt er im Gespräch mit touristik aktuell. 

Herr Bindewald, wann haben Sie den Entschluss gefasst zu kandidieren?
Die Idee kam spontan – aber der Wunsch, etwas in der Branche zu bewegen, begleitet mich schon lange. Ich will in der Tourismusbranche unbedingt etwas verändern. Und ich bin der Meinung, dass ich das auch erreichen kann.

Das heißt, Sie haben zuvor nicht über eine Kandidatur nachgedacht?
Ehrlicherweise hatte ich die Idee erst vor drei Tagen, als ich auf der Autobahn im Stau stand. Mein Bauchgefühl und mein Verstand sagen mir, dass jetzt der Zeitpunkt für etwas Neues ist. Und ich traue mir zu, Veränderungen durchzusetzen.

Sie werden mit vielen gestandenen Tourismusexperten zusammenarbeiten, die schon seit vielen Jahren in der Branche sind. Es wird nicht leicht sein, Veränderungen umzusetzen.
Natürlich habe ich davor Respekt. Aber ich habe auch einen großen Vorteil: Ich sehe viele Chancen, die wir heute oft übersehen – gerade, weil ich mit frischem Blick aus der Praxis komme. Ich sehe die Chancen, die wir haben, die andere nicht mehr sehen.

Zum Beispiel?
Das wohl wichtigste Thema ist die Digitalisierung. Während Corona habe ich im Online-Marketing gearbeitet und gesehen, was alles möglich ist. Unsere Branche hat diese Entwicklung verschlafen. Jetzt gilt es, den Dornröschenschlaf zu beenden und anderen Branchen zu folgen, die viel weiter sind als wir.  

Was bedeutet das konkret?
Schauen wir mal auf den Bereich Social Media. Der ist für viele nicht greifbar und dabei mittlerweile unerlässlich. Viele Reisebüros haben jedoch noch nicht mal einen Social-Media-Kanal. Das ist unfassbar. Wir arbeiten an den schönsten Plätzen der Welt. Dieses Ass müssen wir ausspielen und nutzen. Und das geht nur mit authentischem Content, Erfahrung und Sichtbarkeit.

Der DRV vertritt ja nicht nur Reisebüros, für die Sie sich gerade sehr stark machen. Trauen Sie sich zu, die komplette Branche zu vertreten?
Ja, natürlich. Reisebüros sind die Basis, deswegen sollte man dort ansetzen. Wenn es keine Reisebüros mehr gibt, hat die Branche ein riesiges Problem. Es gibt sehr viele Leute, die nicht online buchen wollen und sich unsicher fühlen. Aber ich bin auch Veranstalter und kann perfekt Brücken zwischen allen Leistungsträgern bauen. Wir müssen alle an einem Strang ziehen und die Branche mit einer starken Stimme nach außen vertreten. Daran hakt es bislang. Leider.

Sie setzen stark auf das Thema Digitalisierung. Welche anderen Themen haben Sie noch auf der Agenda?
Der Fokus liegt auf der Digitalisierung, die auch mit Blick auf den Fachkräftemangel vorangetrieben werden muss. Viele finden Tourismus toll, bevorzugen aber einen anderen Job, weil man dort mehr verdient. Das müssen wir ändern. Und das können wir auch, indem wir sichtbarer und attraktiver werden. Wer heute sichtbar ist, wird gebucht. Sichtbarkeit entscheidet – nicht nur über Reichweite, sondern über Vertrauen.

Welche anderen Themen sind noch wichtig?
Ich will die Verbandsarbeit modernisieren, zum Beispiel durch monatliche DRV-Townhalls. Es könnte monatliche Meetings geben, an denen die Leute virtuell teilnehmen können. Alle sollen regelmäßige Updates erhalten – was gibt es Neues, wie können wir uns verbessern? Jeder soll Vorschläge einreichen können. Diese Möglichkeit gibt es zwar jetzt auch schon, sie wird aber viel zu wenig genutzt. Ziel ist es, die Arbeit so transparent wie möglich zu gestalten und alle mitzunehmen, sodass wir als ein starker Verband auftreten können.

Haben Sie noch ein weiteres Schwerpunktthema?
Wie bereits angesprochen, liegt mir die Steigerung der Attraktivität der Branche sehr am Herzen. Wir müssen das angestaubte Image der Touristik aufpolieren. Ich denke da an Förderprogramme und Benefits-Plattformen für Azubis. Oder eine Initiative für Rückkehrer. Viele Fachkräfte haben während Corona die Branche verlassen. Da ist viel Potenzial und Know-how verlorengegangen, das müssen wir zurückholen.

Sie sind Reisebüro-Inhaber, Veranstalter und Content-Creator. Wie geht es weiter, wenn Sie gewählt würden?
Ich würde auf keinen Fall mein Unternehmen aufgeben. Natürlich ist das viel Arbeit, aber man kann alles managen.

Das Amt des DRV-Präsidenten beinhaltet auch viele Repräsentationstermine. Trauen Sie sich zu, in Brüssel und Berlin unterwegs zu sein?
Ich habe keine Angst. Im Gegenteil, ich freue mich drauf. Ich bin seit vielen Jahren selbstständig und schon immer ein Macher. Mir graut es auch nicht vor Gesprächen mit großen Persönlichkeiten oder auf der Bühne zu stehen.

Welche Chancen rechnen Sie sich aus?
Ich hoffe, dass ich gewinne – um frischen Wind in den Verband zu bringen und meine Ideen umzusetzen. Ich bin davon überzeugt, dass man mich wählt, wenn man meinen Mehrwert erkennt. Wir haben jetzt die Chance, einen Verband mit neuen Impulsen und frischen Ideen zukunftsfähig zu machen. Es ist Zeit für neue Wege. Für Mut. Und für einen Verband, der alle mitnimmt – von der Einkaufsstraße bis zum Konzernvorstand.  

Benjamin Bindewald 

Der 40-Jährige ist seit 2005 in der Touristik. Nach der Ausbildung zum Tourismuskaufmann begann er 2012 in einem Thomas-Cook-Reisebüro und baute auf Facebook einen Reiseblog auf. Durch seinen immensen Erfolg wurde die Geschäftsführung von Thomas-Cook-auf den Touristiker aufmerksam. Bindewald fing im Social-Media-Team des Konzerns an und erhielt das Format „Boarding mit Benny“. 

Nach der Insolvenz von Thomas Cook machte Bindewald sich mit „Besser urlauben“ selbstständig. Er erstellte Content für seine eigenen Kunden, legte eigene Reisen auf. 2024 eröffnete er ein Reisebüro. 

Benjamin Bindewald tritt am 10. Oktober in Berlin gegen VUSR-Chefin Marija Linnhoff und Alpha-Geschäftsführer Albin Loidl an. 

Im Zuge der DRV-Wahlen werden 15 Posten neu vergeben. Zahlreiche Touristikexperten haben sich beworben.