Vor dem Hintergrund mehrerer Gerichtsprozesse schlägt die Frage der Beratungspflicht von Reisebüros…
Vor dem Hintergrund mehrerer Gerichtsprozesse schlägt die Frage der Beratungspflicht von Reisebüros im Zusammenhang mit der FTI-Pleite in der Branche hohe Wellen. Das war auf der Tagung des Reisebüro-Verbands VUSR am vergangenen Wochenende in Düsseldorf nicht anders: Dort gab es hitzige Diskussionen, bei denen insbesondere auch die Rolle des Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF) im Fokus stand.
VUSR-Chefin Marija Linnhoff kritisierte in diesem Zusammenhang den DRV scharf. Der Reiseverband als Hauptgesellschafter des DRSF hätte die „Verpflichtung gehabt, die Hinweise rund um FTI zu prüfen und sich Zahlen zeigen zu lassen“. Linnhoff hatte bereits Monate vor der Insolvenz immer wieder auf die problematische Situation von FTI und den damit verbundenen Risiken verwiesen. Zahlreiche Reisebüros, die Mitglied im VUSR sind, hatten daraufhin nicht mehr bei dem Münchner Veranstalter gebucht.
VUSR: Schuld hat auch der DRV
Eine komplett andere Meinung vertrat auf der Tagung der frühere DRV-Chef und heutige Ehrenpräsident Klaus Laepple. „Muss der DRSF Gesellschafter wie den DRV darüber unterrichten, dass ein Veranstalter in Schwierigkeiten steckt? Da habe ich meine Zweifel.“ Der Vorwurf gegenüber dem Reiseverband sei daher „unberechtigt“ – eine Aussage, der Linnhoff vehement widersprach: „Der DRV und die anderen Gesellschafter haben Weisungsbefugnis gegenüber dem DRSF.“ Das Bundesjustizministerium hingegen sei nur die Aufsichtsbehörde und habe diesbezüglich keine Entscheidungsgewalt.
Unterstützung erhielt die VUSR-Vorsitzende vom Rechtsanwalt Roosbeh Karimi, der zum Thema Beratungspflichten einen Vortrag hielt. Es gebe im DRSF einen Interessenkonflikt zwischen den dort vertretenen Reiseveranstaltern und der Aufsichtspflicht des Fonds, dieser „Systemfehler“ habe sich sich exemplarisch im Fall FTI widergespiegelt. „Ein neutraler DRSF hätte FTI schon wesentlich früher den Stecker ziehen müssen“, meinte der Jurist von der Kanzlei Karimi Legal in Berlin.
Jurist betont Schutz- und Sorgfaltspflichten
Nicht festlegen wollte sich Karimi dagegen in der Frage, welches Ausmaß die Beratungspflichten der im Zusammenhang mit FTI beklagten Reisebüros haben: „Da müssen wir abwarten, was die Gerichte entscheiden, es gibt für beide Seiten gute Argumente.“ Zudem werde die Rechtslage offen bleiben, so lange es keine obergerichtliche Entscheidung gebe. Momentan wird eine Klage vor dem Amtsgericht Nordhorn verhandelt, am 4. Dezember startet ein Verfahren vor dem Amtsgericht Bad Homburg.
Zugleich stellte der Jurist aber heraus, dass Reisebüros neben Informationspflichten auch vertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten hätten. So seien „erkennbare Risiken“ aufzuzeigen und „man darf definitiv nicht lügen“, betonte Roosbeh Karimi in seinem Vortrag. „Grundsätzlich gilt: Je mehr Wissen ich habe, desto mehr Hinweispflichten habe ich.“
Linnhoff: Reisebüro wird vor Gericht unterliegen
VUSR-Chefin Marija Linnhoff, die im Nordhorner Prozess auch als Zeugin auftrat, erneuerte indes die Kritik am betroffenen Reisebüro. Der Verband habe bereits im Februar 2024 eine Pressemitteilung zum Fall FTI veröffentlicht, es habe „deutliche Hinweise“ gegeben, wie es um den Veranstalter bestellt sei. „Daher verstehe ich nicht, dass das Reisebüro behauptet, am 21. März 2024 habe man nicht gewusst, was mit FTI los ist“, so Linnhoff. Sie erwarte, dass ein Urteil gegen das Reisebüro gefällt werde.