Ein außergewöhnlicher, aber für die Praxis relevanter Fall wurde nun am Amtsgericht München…
Ein außergewöhnlicher, aber für die Praxis relevanter Fall wurde nun am Amtsgericht München verhandelt: Ein Ehepaar aus Schleswig-Holstein verweigerte den Antritt einer gebuchten Kreuzfahrt, weil während des Transfers zum Hafen wichtige Medikamente aus dem Gepäckraum des Busses gestohlen wurden. Das Gericht wertete den Vorfall als erheblichen Reisemangel.
Gebucht hatte das 75 und 77 Jahre alte Ehepaar eine Seereise ab Hamburg zum Preis von 1.678 Euro – inklusive Bustransfer vom Hamburger Busbahnhof zum Schiff. Das Handgepäck, ein Trolley mit persönlichen Dingen und Medikamenten wie Blutdruck- und Cholesterinsenker, wurde im Kofferraum des Transferbusses verstaut. Am Hafen angekommen war der Trolley verschwunden, heißt es in einer Pressemitteilung des Amtsgerichts.
Gericht: Bustransfer Teil der Pauschalreise
Aus Sorge um ihre Gesundheit traten die beiden Senioren die Reise nicht an. Sie forderten die vollständige Erstattung des Reisepreises sowie 460 Euro Schadenersatz für verlorene Gegenstände. Der Veranstalter zahlte 216,90 Euro zurück und berief sich auf das allgemeine Diebstahlsrisiko – ein Reisemangel habe nicht vorgelegen. Den Klägern sei es zumutbar gewesen, die Medikamente in der Handtasche zu transportieren oder das Gepäckfach zu beobachten.
Die Richter folgten dieser Argumentation jedoch nicht. In dem inzwischen rechtskräftigen Urteil (AZ 223 C 12480/23) stellte das Gericht klar, dass der Verlust der Medikamente einen erheblichen Reisemangel darstelle. Da der Bustransfer Teil der Pauschalreise war, sei der Veranstalter auch für das Gepäck verantwortlich gewesen.
Gericht: Reiseantritt nicht zumutbar
„Den Klägern war es nicht zumutbar, eine Reise anzutreten, die ihrer Gesundheit schaden könnte“, heißt es in der Urteilsbegründung. Mit dem Abstellen des Gepäcks im Kofferraum seien die Sorgfaltspflichten auf den Veranstalter übergegangen. Die Kläger seien nicht verpflichtet gewesen, das Gepäck nach dem Verstauen weiter zu beobachten.
In der Folge wurde der Veranstalter zur Rückzahlung von 1.551,10 Euro des Reisepreises nebst Zinsen verurteilt. Ersatz für den materiellen Verlust gestand das Gericht lediglich in Höhe von 90 Euro zu – da zu Zeitwert und Anschaffungspreis keine ausreichenden Angaben gemacht wurden. (uf)